Freitag, 13. April 2012

Thank you so much

Kaum zu glauben: das Indien Abenteuer ist vorüber. Österreich hat mich wieder. Ich bin froh, dieses Land ausgiebig genossen zu haben, obwohl einiges für eine Europäerin wie mich gewöhnungsbedürftig war: Schmutz, Lärm, mangelnde Hygiene; die Art und Weise wie Inder denken und handeln oder die Tatsache, dass man grundsätzlich wenig Privatsphäre hat. Aber genau diese Aspekte sind es, die den Aufenthalt spannend machen und an denen man fürs Leben lernen kann.

Indien wird als Schwellenland bezeichnet, weil es angeblich immer reicher wird. Aber wo geht dieser Profit hin? Millionen leben in armen bzw. ärmsten Verhältnissen, konzentriert darauf, allein und mit Hilfe der Mitmenschen den Alltag zu bewältigen. Vom Staat ist keine Hilfe zu erwarten. Fragt man die Kollegen am Montag wie das Wochenende war, erntet man staunende Gesichter. „Sandra, wir sind in Indien. Wir tun am Wochenende nicht viel.“ Der freie Tag - sofern es einen gibt – wird Haushaltsarbeiten und Familienbesuchen gewidmet. Die Konsum- und Spaßindustrie schlägt weit weniger durch als in den Industrieländern. Worüber sich Europa den Kopf zerbricht, kümmert die meisten Menschen in Indien nicht. What to do? Ist Einkommenssteigerung der indischen Bevölkerung DIE Lösung? Das reiche Europa leidet doch – so skurril es klingen mag – unter Wohlstand und Überfluss.

Beispiel Ernährung: Eine wichtige Frage in Indien ist „Veg oder Non-Veg?“ was so viel bedeutet wie: Vegetarier oder Nicht-Vegetarier. Frägt man zurück, behaupten viele Inder stolz, dass sie Non-Veg sind. Tatsächlich essen sie aber max. einmal pro Woche eine kleine Menge Fleisch oder Fisch. Andere (z.B. Brahmanen) sind strikte Vegetarier. Vegetarismus hat Vorteile in Bezug auf die Hygiene, Kosten und Gesundheit. Das Phänomen der Mangelernährung gibt es so oder so.  

Zurück zum indischen Alltag: Ein Tagesablauf einer Angestellten der Mittelklasse kann bspw. so aussehen: 4 Uhr aufstehen, Frühstück und Mittagessen kochen, zwei Stunden mit dem Bus zur Arbeit fahren, um 16 Uhr Heimfahrt, Abendessen kochen, Hausarbeiten, 22 Uhr Schlafenszeit. Der Mann kommt einmal in 14 Tagen heim, weil seine Arbeitsstelle vier Stunden entfernt ist. Weder Zeit noch Geld für Unterhaltung.

Probleme aufgrund der Gesellschaft, Armut und mangelnder Justiz sind nicht zu übersehen. Dazu gehören bspw. das Anzünden von Frauen in der Küche unter der Bezeichnung als „Haushaltsunfall“, der Zwang zur Abtreibung wenn sich das Ungeborene als Mädchen herausstellt, Selbstmord von Landwirten wegen schlechter Ernteerträge, Fahrerflucht nach Verkehrsunfällen weil sonst dem Täter droht, dass er von der Familie des Opfers gelyncht wird.

Trotzdem hält Indien viel Positives bereit – vor allem die Ursprünglichkeit und Authentizität des Landes – und es gibt eine Menge, die wir Europäer von den Indern lernen können: Mensch sein (neugierig, offen, intuitiv), Kontakt und Berührung zulassen, teilen können, den Mitmenschen und dem Leben vertrauen, Gelassenheit, Hilfsbereitschaft, sich nicht „zu gut“ sein für etwas, neidlos zufrieden sein, mit dem was und wie es ist.

Om. Shanti, shanti, shanti.

Ich danke Indien für die tausend kleinen Erfahrungen. Dafür dass ich wundervolle Menschen getroffen habe, die mir immer gerne geholfen haben. Dafür dass der Fluss des Lebens alles für mich zum Besten geregelt hat. Dafür dass Indien die für mich notwendigen Lernerfahrungen bereithielt.

Mein bester Dank gilt weiters den Lesern dieses Blogs. Ihr habt mich motiviert, immer wieder neue Geschichten zu schreiben.

DANKE, DANKE und ALLES LIEBE.

Sandra

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