Mittwoch, 11. April 2012

Sleeping Guru



Betten werden überbewertet.
Hausmeister "Guru" im Träumeland

Es ist sechs Uhr morgens. Mein „Schneckenhaus“ ist auf den Rücken geladen und ich will gerade das Gebäude verlassen, als ich dem Hauswart namens Guru einen letzten Blick zuwerfe. Ich kann es nicht glauben, er schläft zusammen gekauert auf einer dünnen Decke auf seinem kleinen Schreibtisch. Warum benützt er nicht die die Couch, die drei Meter weiter steht? Darf er nicht oder möchte er nicht? Er stehe wie angewurzelt da und mustere ihn.


Outside Sleeping in Tiruvannamalai
Der Hauswart Guru arbeitet sieben Tage die Woche, Tag und Nacht. Waschen kann er sich morgens in einem Apartment im Gebäude, seine Mahlzeiten nimmt er an seinem Schreibtisch ein, wo er links und rechts Tageszeitungen fein säuberlich stapelt. Dahinter ist ein kleiner Schrein. Einmal in drei Monaten hat er einige Tage frei, an denen er zur Familie heimfährt. Guru ist stets äußerst freundlich und hilfsbereit. Er scheint mit seinem Leben zufrieden zu sein. Immerhin ist er ja der Chef unter den Sicherheitsleuten.



Bügelmann, Madurai
Guru ist alles andere als ein Einzelfall. Rund um die Uhr zu arbeiten in Indien durchaus üblich. Inder sind grundsätzlich auch in den Abendstunden und am Wochenende verfügbar. Erst gestern lieferte der Schneider um 22 Uhr (!) ein Kleidungsstück, weil es tagsüber nicht fertig wurde. Zeit hat in Indien eine andere Dimension. Die Drängelei der Europäer wird nicht verstanden. 

Es sind Momente wie diese, die mich aus meinem Gedankenstrom reißen und mir blitzartig vor Augen führen, wie ein Leben sein kann. Ich lerne und sehe so vieles über Menschen, Lebenssituationen und -einstellungen – auch sechs Monate sind nicht genug, um das indische Leben zu erfassen.

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