Montag, 31. Oktober 2011

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31. Oktober - 11. November 2011

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Osho Ashram in Pune oder “The blond troublemaker”

Neugierig machen wir uns von Mumbai auf, um den Osho Ashram in Pune zu besuchen. Ein indischer Ashram ist ein klosterähnliches Meditationszentrum, an dem man sich zurückzieht, zur Ruhe kommt, ein einfaches Leben pflegt und sich der Meditation, dem Yoga und alltäglichen Arbeiten widmet. Osho war ein spiritueller Lehrer und eine umstrittene Persönlichkeit. Seine Thesen provizierten und seine Ansichten über Sex, Ehe und Familie entrüsteten die Menschen. Daher wurde und wird Osho auch als Sex Guru bezeichnet. Geschichten und Gerüchte gibt es viele über den Ashram und den Lebensstil, den Osho zu Lebzeiten pflegte. Nun wollen wir herausfinden, was es mit dem Mythos Osho auf sich hat und in wie fern er unser Leben tangiert.

Gemütlich rollen wir drei Stunden über eine gut asphaltierte Autobahn durch eine hügelige Landschaft. Pune wirkt klein und niedlich gegenüber Mumbai. Der Riksha Fahrer setzt uns in einem abgesperrten Bereich ab. Rundherum schwarzer Bambus und Marmor. Kein einladender Anblick.  

Gregor, Ritchie und Thomas vor dem Meditations Resort
Einfacher Lebensstil im Ashram – weit gefehlt. Der ehemalige Ashram wird auf Wunsch Oshos seit dem Jahr 1989 als Urlaubs- und Meditationsressort geführt. Demnach nächtigen wir in einem gehobenen Hotel. Am nächsten Tag beginnt der Spießrutenlauf. Ohne HIV Test, Registrierung und Einheitsroben kein Frühstück. Der Magen knurrt und die Stimmung gleitet einem Tiefpunkt entgegen. Zu Mittag werden wir als Mönche und Nonnen mit weiten flatternden Kleidern in Osho Farben zum Essen zugelassen.

Am Nachmittag die erste Meditations-Session in einem hellen Saal aus weißem Marmor. Wäre der Raum nicht auf 20 Grad herunter gekühlt, würde er durchaus zum Verweilen einladen. Jene die husten und/oder frieren verlassen ihn vorzeitig.

Andere Meditations-Einheiten finden in einer grau gehaltenen Pyramide statt. Im Inneren beeindruckend, aber die Eiseskälte durch die Klimaanlage und den Marmorboden machen sich auch hier bemerkbar. Die Sessions beinhalten Bewegung, Tanz, Tönen und Phasen der Stille. Viele der von Osho entwickelten Meditationstechniken sind aktiv /dynamisch und zielen darauf ab, Konventionen loszulassen und zur Authentizität zu finden. Inhaltlich kreativ und interessant! Zur Entspannung lädt ein gepflegter Garten mit meterhohem Bambus ein. Chai Tee und gesundes Essen heben unsere Laune.  


Dem gegenüber stehen die ständigen Maßregelungen der Osho Mitarbeiter. Es sind weniger die vielen Regeln und Verbote, die nerven, als die Inflexibilität, mit denen sie befolgt werden.  Weise dich ständig aus, trage rein weiße Socken, kaufe Badekleidung in Osho Farben, stell dein Tablett nicht falsch ab, patz den Haferbrei nicht daneben. Unter dem Deckmantel der Spiritualität herrschen im Staate Oshos Konformität und Überwachung. Kombiniert mit strengen zeitlichen Abläufen, westlichem Materialismus und Konsumzwang führt das dazu, dass die in den Meditationen aufgebaute positive Energie verpufft.

Bald wird auch klar, dass das Osho Resort kein offenes Diskussionsforum ist. Ein Hinterfragen des HIV/Aids Tests bringt den 60jährigen australischen Instruktor aus der Ruhe (hat denn noch nie jemand zuvor dieses Thema angesprochen?). Auf den Titel des „Blond Troublemakers“ bin ich trotzdem stolz ;-) Schließlich ist es anmaßend und beschämend, einen nach innerlicher Ruhe strebenden Menschen an der Eintrittspforte sein baldiges Ableben zu verkünden und ihn ohne psychologische Betreuung wegzuschicken. Leider konnten wir nicht mehr auf die Frage eingehen, wie man sich beim sitzen und tanzen infiziert…  Meine Redezeit war vorbei.

Die Verabschiedung war dann doch herzlich: nach drei Nächten und um 250 EUR leichter stehe ich abreisebereit in Zivilkleidung vor dem Eingang als der Wächter faucht: „Go away!“ Osho Staat adé – das wahre Indien hat uns wieder! Ich bin zuversichtlich, zukünftig bessere Erfahrungen in echten Ashrams zu machen.

Dienstag, 25. Oktober 2011

Mumbai

Nach einer kurzen Nacht im Flugzeug lande ich glücklich und zufrieden Sonntag Morgen in Mumbai und werde von meinem Freund Ritschie herzlich empfangen. Kurz frischmachen und los geht’s!  Wir holen vier weitere Freunde aus Österreich und den City Guide Terrence ab und schmeißen uns – im wahrsten Sinne des Wortes - ins Getümmel.

Mumbai übertrifft die kühnsten Erwartungen. Was anfangs so harmlos aussieht, entpuppt sich als Hexenkessel. Auf den Straßen wälzen sich Autos, Rikschas, Mopeds neben Handkarren und diversem Getier. Fortbewegung im Schneckentempo. Dankbarerweise lassen die indischen Fahrer auch akustisch jeden wissen,  dass sie da sind. Für Hupen braucht es keinen Anlass. Es scheint, als wäre es ein Gruß unter Verkehrsteilnehmern. Sofern aus Warnung gehupt wird, reagiert keiner mehr.

Terrence - the crazy city guide
Am meisten fasziniert uns der Tour Guide Terrence. Ein hageres Männchen, dass bei ca. 1,65 m Größe keine 40 Kilo auf die Waage bringt. Oberärmchen, die mit einer Hand leicht zu umfassen sind. Er trägt seine langen Haare zu einem Zopf zusammengebunden und hat einen 5 cm langen Bart. Im Taxi präsentiert er uns sein Küchenmesser, mit dem er uns im Notfall verteidigen wird. Wie beruhigend. Terrence ist seit seinem sechsten Lebensjahr Alkoholiker, trinkt täglich 2 Liter. Aber heute ist er nüchtern und motiviert, Mumbai von seiner besten – sagen wir besser spannendsten – Seite zu zeigen.

Erster Programmpunkt ist ein Slum von Mumbai. Dasjenige wo Szenen von Slumdog Millionaire gedreht wurden. Wir versammeln uns vor dem Eingang, als sich etwa zwanzig Personen um uns scharen. Ein komisches Gefühl kommt auf und ich habe kurz Sorge wegen der Wertsachen, die ich am Rücken trage. Als wir durch die engen „Gässchen“ spazieren und von den Bewohnern freundlich ignoriert bzw. begrüßt werden, merke ich, dass die Sorge unbegründet ist.  Keiner hat was dagegen, dass wir ungeniert in ihre Privatsphäre eintauchen, in ihre Wohnzimmer schauen und Photos schießen.  Keine Spur von Aggressivität, Ablehnung, Scham oder ähnlichem. Vielleicht etwas Neugier, sonst nichts. Das hatte ich nicht erwartet.

Slumbewohner
Weiter ins nächste Slum. Dieses bietet mehr Luft zum Atmen, wenn es auch schmutzige ist, und zur größten öffentlichen Wäscherei Mumbais. Dort gibt man seine Kleidung ab und sie wird - mit Hilfe des einen oder anderen chemischen Reinigungsmittels – händisch gesäubert. Trotz der Vielzahl an Kleidungsstücken bekommt man i.d.R. die eigenen Sachen wieder zurück. Nach einem Abstecher auf den Flohmarkt sind wir schon sehr müde, denn es kostet viel Kraft, die Eindrücke Mumbais zu verarbeiten. Letzter Programmpunkt  ist ein Teich inmitten eines Wohngebietes, in dem sich eine Familie wäscht. Die Quelle ist heilig, denn sie entstammt dem Ganges. Dass dieser Fluss mind. 600 km weiter nördlich fließt, tut der Sache keinen Abbruch.

Am meisten überwältigt bin ich von der Größe der Stadt. Man schätzt dass bis zu 27 Mio. Menschen hier leben. Was auf der Landkarte so winzig aussieht, ist immens groß. Um von einem Außenbezirk in das Zentrum zu gelangen, sollte man 2,5 Stunden im Taxi oder der Rikscha einplanen. Wer im Norden wohnt trifft sich nicht so ohne weiteres für einen Kaffeeplausch in der Altstadt. Die beste Alternative bietet der Zug. Fahrt kostet 9 Rupies (=13 Cent) und ist doppelt so schnell. Leider gibt es nur zwei Linien, weshalb es in so einem Waggon (Männer und Frauen sitzen übrigens getrennt) kuschelig warm werden kann. Wo eigentlich Türen wären, hängen Trauben an Indern aus dem Waggon.

Gewöhnliches Verkehrsaufkommen
Die Inder sind äußerst hilfsbereite und freundliche Menschen. Und ich liebe die Kleinteiligkeit, die Farben und Vielfalt des Landes. Trotzdem: Mumbai ist kein Ort an den man gerne verweilt. Entweder man ist hier geboren oder der Arbeit verpflichtet. Ansonsten sollte es in Indien schönere Plätze zum Leben geben.

Samstag, 22. Oktober 2011

Tag 1-3 - Ägypten

Mein Weg nach Indien führt mich über Ägypten. Da dachte ich mir, ich besuche die Firma SEKEM, ein vorbildliches Unternehmen, das in der Bio Landwirtschaft tätig ist. Gegründet wurde der Betrieb von Ibrahim Abouleish, der rund 20 Jahre in Österreich verbracht hat, nach dem Vorbild von Rudolf Steiner (Waldorfschulen). Für sein Lebenswerk wurde er mit dem Alternativen Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Ibrahim Abouleish bedankt sich bei seinen Mitarbeitern
Nach einem kurzen Aufenthalt in Kairo – die 15 Mio Einwohner Stadt ist laut und anstrengend – bin ich ca. 60 km außerhalb auf der SEKEM Farm gelandet und liebevoll empfangen worden. Punktgenau angekommen, durfte ich bei der wöchentlichen Abschlussrunde teilnehmen, bei der sich alle Mitarbeiter am Firmengelände im Kreis aufstellen und dem Geschäftsfürer berichten. Danach werden Hände geschüttelt. Ein bewegender Moment.
SEKEM ist insgesamt sehr beeindruckend. Auf der Farm in der Nähe von Bilbeis gibt es Bio-Landwirtschaft, Produktion von Obst und Gemüseprodukten, Tees, Textilien und Phytopharmazeutika. Außerdem einen Kindergarten, eine Primär- und Sekundärschule, ein Berufsbildungszentrum, eine Stelle für Atmosphäre ist trotz der Farmgröße familiär, da einige der Mitarbeiter und die Eigentümerfamilie selbst auf dem Grundstück wohnen und Besuchern gegenüber offen sind.

Für diese steht übrigens ein Gästehaus bereit, in dem es an nichts fehlt (der frisch gepresste Guavensaft aus eigener Produktion ist ausgezeichnet!). Heute Abend verlasse ich diesen schönen Ort wieder. Ein besonderes Dankeschön an Anna, Tobias und Angela! Auf geht’s nach Mumbai.

Die Farm entstand auf Wüstenboden - so wie der hier