Dienstag, 25. Oktober 2011

Mumbai

Nach einer kurzen Nacht im Flugzeug lande ich glücklich und zufrieden Sonntag Morgen in Mumbai und werde von meinem Freund Ritschie herzlich empfangen. Kurz frischmachen und los geht’s!  Wir holen vier weitere Freunde aus Österreich und den City Guide Terrence ab und schmeißen uns – im wahrsten Sinne des Wortes - ins Getümmel.

Mumbai übertrifft die kühnsten Erwartungen. Was anfangs so harmlos aussieht, entpuppt sich als Hexenkessel. Auf den Straßen wälzen sich Autos, Rikschas, Mopeds neben Handkarren und diversem Getier. Fortbewegung im Schneckentempo. Dankbarerweise lassen die indischen Fahrer auch akustisch jeden wissen,  dass sie da sind. Für Hupen braucht es keinen Anlass. Es scheint, als wäre es ein Gruß unter Verkehrsteilnehmern. Sofern aus Warnung gehupt wird, reagiert keiner mehr.

Terrence - the crazy city guide
Am meisten fasziniert uns der Tour Guide Terrence. Ein hageres Männchen, dass bei ca. 1,65 m Größe keine 40 Kilo auf die Waage bringt. Oberärmchen, die mit einer Hand leicht zu umfassen sind. Er trägt seine langen Haare zu einem Zopf zusammengebunden und hat einen 5 cm langen Bart. Im Taxi präsentiert er uns sein Küchenmesser, mit dem er uns im Notfall verteidigen wird. Wie beruhigend. Terrence ist seit seinem sechsten Lebensjahr Alkoholiker, trinkt täglich 2 Liter. Aber heute ist er nüchtern und motiviert, Mumbai von seiner besten – sagen wir besser spannendsten – Seite zu zeigen.

Erster Programmpunkt ist ein Slum von Mumbai. Dasjenige wo Szenen von Slumdog Millionaire gedreht wurden. Wir versammeln uns vor dem Eingang, als sich etwa zwanzig Personen um uns scharen. Ein komisches Gefühl kommt auf und ich habe kurz Sorge wegen der Wertsachen, die ich am Rücken trage. Als wir durch die engen „Gässchen“ spazieren und von den Bewohnern freundlich ignoriert bzw. begrüßt werden, merke ich, dass die Sorge unbegründet ist.  Keiner hat was dagegen, dass wir ungeniert in ihre Privatsphäre eintauchen, in ihre Wohnzimmer schauen und Photos schießen.  Keine Spur von Aggressivität, Ablehnung, Scham oder ähnlichem. Vielleicht etwas Neugier, sonst nichts. Das hatte ich nicht erwartet.

Slumbewohner
Weiter ins nächste Slum. Dieses bietet mehr Luft zum Atmen, wenn es auch schmutzige ist, und zur größten öffentlichen Wäscherei Mumbais. Dort gibt man seine Kleidung ab und sie wird - mit Hilfe des einen oder anderen chemischen Reinigungsmittels – händisch gesäubert. Trotz der Vielzahl an Kleidungsstücken bekommt man i.d.R. die eigenen Sachen wieder zurück. Nach einem Abstecher auf den Flohmarkt sind wir schon sehr müde, denn es kostet viel Kraft, die Eindrücke Mumbais zu verarbeiten. Letzter Programmpunkt  ist ein Teich inmitten eines Wohngebietes, in dem sich eine Familie wäscht. Die Quelle ist heilig, denn sie entstammt dem Ganges. Dass dieser Fluss mind. 600 km weiter nördlich fließt, tut der Sache keinen Abbruch.

Am meisten überwältigt bin ich von der Größe der Stadt. Man schätzt dass bis zu 27 Mio. Menschen hier leben. Was auf der Landkarte so winzig aussieht, ist immens groß. Um von einem Außenbezirk in das Zentrum zu gelangen, sollte man 2,5 Stunden im Taxi oder der Rikscha einplanen. Wer im Norden wohnt trifft sich nicht so ohne weiteres für einen Kaffeeplausch in der Altstadt. Die beste Alternative bietet der Zug. Fahrt kostet 9 Rupies (=13 Cent) und ist doppelt so schnell. Leider gibt es nur zwei Linien, weshalb es in so einem Waggon (Männer und Frauen sitzen übrigens getrennt) kuschelig warm werden kann. Wo eigentlich Türen wären, hängen Trauben an Indern aus dem Waggon.

Gewöhnliches Verkehrsaufkommen
Die Inder sind äußerst hilfsbereite und freundliche Menschen. Und ich liebe die Kleinteiligkeit, die Farben und Vielfalt des Landes. Trotzdem: Mumbai ist kein Ort an den man gerne verweilt. Entweder man ist hier geboren oder der Arbeit verpflichtet. Ansonsten sollte es in Indien schönere Plätze zum Leben geben.

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